Handelsvertreterverträge: Wann liegt eine Berechtigung zur sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses vor?
Handelsvertreterverträge begründen Dauerschuldverhältnisse. Im österreichischen Recht gilt, dass alle Dauerschuldverhältnisse bei Vorliegen eines "wichtigen Grundes" sofort aufgelöst werden können.
Handelsvertreterverträge begründen Dauerschuldverhältnisse. Im österreichischen Recht gilt, dass alle Dauerschuldverhältnisse bei Vorliegen eines "wichtigen Grundes" sofort aufgelöst werden können. Vertragliche Regelungen, welche die Berechtigung zur sofortigen Auflösung des Vertragsverhältnisses wegen solcher Gründe einschränken oder gar ausschließen, sind nicht beachtlich.
§22 HVertrG legt fest, dass Handelsvertreterverträge jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem der Vertragsparteien beendet werden können, sofern "wichtige Gründe" für eine Vertragsbeendigung vorliegen. "Wichtige Gründe" i.S.d. § 22 HVertrG sind gegeben, wenn die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses oder genauer gesagt, die Einhaltung der Kündigungsfrist, für einen der Vertragsparteien unzumutbar ist. Wichtig ist, dass ein schwerwiegender Grund vorliegt!
Im Handelsvertretergesetz werden Gründe sowohl für Handelsvertreter und als auch Prinzipal beispielhaft aufgelistet (siehe § 22 HVertrG). Beispielhaft bedeutet, dass die aufgelisteten Gründe nicht die einzigen "wichtigen Gründe" i.S.d. § 22 HVertrG sein können. Die aufgelisteten Gründe dienen also auch als Orientierungshilfe für die Bestimmung anderer nicht im Gesetz festgelegter "wichtiger Gründe".
Vorsicht: Bei der vertraglichen Festlegung anderer wichtiger Gründe muss beachtet werden, dass diese tatsächlich ausreichend schwer wiegen und wertungsmäßig den gesetzlich festgelegten Gründen gleichen. Andernfalls sind die vertraglichen Regelungen hinfällig!
Gesetzlich festgelegte "wichtige Gründe" des Prinzipal sind zum Beispiel:
- die Unfähigkeit des Handelsvertreters seine Tätigkeit auszuüben (z.B. aufgrund einer Krankheit, die keine absehbare Verbesserung versprechen lässt)
- Handlungen des Handelsvertreters, die ihn des Vertrauens des Prinzipals unwürdig erscheinen lassen (z.B. die Annahme von Belohnungen Dritter entgegen §7 HVertrG, der vorsieht, dass dazu die Einwilligung des Prinzipals vonnöten ist)
- der Bruch wesentlicher Vertragsbestimmungen oder das Unterlassung/Verweigerung der Tätigkeit für den Prinzipal über einen erheblichen Zeitraum
- erhebliche Ehrverletzungen oder Tätlichkeiten gegen den Prinzipal
- Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des Handelsvertreters (Beachte: kein "wichtiger Grund" ist im Falle eins Insolvenzverfahrens gegeben!)
Andere "wichtige Gründe" des Prinzipals ergeben sich z.B. aus Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot.
Gesetzlich festgelegte "wichtige Gründe" des Handelsvertreters sind zum Beispiel:
- die Unfähigkeit des Prinzipals seine Tätigkeit auszuüben
- die Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen
- die ungebührliche Schmälerung/Zurückhaltung von Provisionen
- erhebliche Ehrverletzungen oder Tätlichkeiten gegen den Handelsvertreter
- die Aufgabe des Geschäftszweigs, in dem der Handelsvertreter hauptsächlich tätig ist
Andere "wichtige Gründe" des Handelsvertreters sind z.B. bei unzulässigen Direktgeschäften durch den Prinzipal geben, oder aber bei systematischer Zurückweisung von Aufträgen.