Aktuelle Rechtsprechung zur Nutzungsuntersagung rechtswidriger Freizeitwohnsitze
Nutzungsuntersagung rechtswidriger Freizeitwohnsitze zunehmend relevant | Nutzungsuntersagung Freizeitwohnsitze
In den letzten Jahren hat das Thema der Nutzungsuntersagung von rechtswidrig als Freizeitwohnsitzen genutzten Immobilien in Tirol zunehmend an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in touristischen Regionen, in denen der Wohnraum knapp ist, kontrollieren Behörden verstärkt die tatsächliche Nutzung von Wohnimmobilien, um sicherzustellen, dass diese nicht entgegen den gesetzlichen Bestimmungen als Freizeitwohnsitze verwendet werden.
Problemaufriss: Die Definition des Freizeitwohnsitzes und die Rechtslage
Nach dem klaren Wortlaut des 13 Abs 1 TROG 2022 ist für das Vorliegen eines Freizeitwohnsitzes nicht erforderlich, dass an einem anderen Wohnsitz stärkere familiäre, soziale oder berufliche Beziehungen oder sonstige Anknüpfungspunkte bestehen. Entscheidungsrelevant ist nur, ob der verfahrensgegenständliche Wohnraum der Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses dient und dort der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen liegt. Wenn in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Zusammenhang das „deutliche Übergewicht der beruflichen und familiären Lebensbeziehungen“ genannt wird, dient dies der Feststellung des Mittelpunktes der Lebensbeziehungen. Liegt jedoch diese Kombination aus einem ganzjährigen Wohnbedürfnis verbunden mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen nicht vor, ist von einem Freizeitwohnsitz im Sinn des § 13 Abs 1 TROG 2022 auszugehen.
Wann liegt nun aber ein solches Übergewicht vor? | Nutzungsuntersagung Freizeitwohnsitze
Um diese doch eher wagen und auf Einzelfälle bezogenen Grundsätze greifbarer zu machen, werden hier drei Beispiele aus der aktuellsten Judikatur des LVwG Tirol erörtert. In der Praxis versuchen viele Beschwerdeführer, die Nutzungsuntersagung ihrer Freizeitwohnsitze durch das Vorbringen meist beruflicher Tätigkeiten zu entkräften.
Zumal der Gesetzgeber keinen sogenannten „Arbeitswohnsitz“ kennt, werden diese Argumente jedoch oftmals nicht anerkannt, wenn die Faktenlage zeigt, dass die Wohnung vorwiegend zu Erholungs- oder Freizeitaktivitäten genutzt wird. Die jüngsten Entscheidungen des LVwG Tirol verdeutlichen, welche Faktoren eine Rolle spielen und unter welchen Umständen die Gerichte die Annahme eines Freizeitwohnsitzes bestätigen.
Beispiel 1: LVwG-2024/39/2551-11 – Die Nutzung einer Wohnung durch eine Familie als Freizeitwohnsitz
In diesem Fall wurde die Nutzung einer Wohnung in Tirol durch eine Familie, die überwiegend in Deutschland beruflich tätig war, überprüft. Die Familie nutzte die Wohnung hauptsächlich an Wochenenden und in Urlaubszeiten. Beruflich waren sowohl der Mann als auch die Frau in Deutschland tätig, wobei die Frau gelegentlich im Home-Office in der Tiroler Wohnung arbeitete. Beide besaßen zusätzlich zwei Ferienwohnungen in Tirol, für deren Vermietung sie auch Zeit vor Ort investierten.
Der Mann argumentierte, dass er seine Tätigkeit als Unternehmensberater von überall ausführen könne, auch von Tirol aus. Dennoch befanden sich der Hauptsitz seiner Firma sowie die meisten Kunden in Deutschland, und es gab keine lokalen Kunden in Tirol. Auch sein Start-Up im Bereich des Vertriebs von Uhren hatte seine Hauptlager und den Hauptsitz in Deutschland und am gegenständlichen Ort in Tirol nur ein kleines Nebenlager. Das Gericht stellte fest, dass die berufliche Nutzung der Wohnung in Tirol sehr begrenzt war und sich die Aufenthalte überwiegend auf Freizeitaktivitäten wie Wandern und Skifahren konzentrierten. Die Kinder der Familie besuchten keine Schule in Tirol, und die Wohnung diente nicht als dauerhafter Lebensmittelpunkt.
Auf Basis dieser Feststellungen kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Wohnung nicht zur Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses genutzt wurde, sondern vielmehr als Freizeitwohnsitz diente. Die Nutzung der Wohnung stand im direkten Zusammenhang mit Freizeitaktivitäten und nicht mit dem beruflichen oder familiären Alltag der Familie.
Beispiel 2: LVwG-2024/36/0009-7 – Ruheständler als Beschwerdeführer
In einem weiteren Fall wurde die Nutzung eines Hauses in Tirol durch einen pensionierten Zahnarzt untersucht. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er das Haus nur für Hausmeistertätigkeiten nutze, wie etwa Rasenmähen und das Überprüfen der Liegenschaft. Er behauptete, er übernachte nicht mehr dort und nutze das Haus lediglich, um sich um die Instandhaltung zu kümmern.
Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich jedoch heraus, dass der Beschwerdeführer regelmäßig Arbeiten am Haus durchführte und die Zeit in Tirol als erholsam empfand. Diese Freizeitaktivitäten gingen über die bloße Instandhaltung der Immobilie hinaus. Das Gericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer die Liegenschaft regelmäßig zu persönlichen Erholungszwecken nutzte, was durch einen konstanten Wasserverbrauch belegt wurde. Darüber hinaus deuteten Müllentsorgungsdaten darauf hin, dass die Liegenschaft weitaus häufiger genutzt wurde, als vom Beschwerdeführer behauptet.
Das Gericht entschied, dass die Nutzung des Hauses nicht im Sinne der bloßen Instandhaltung erfolgte, sondern dass es als Freizeitwohnsitz genutzt wurde. Die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers und seiner Familie fand nachweislich überwiegend an einem anderen Ort statt, sodass der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen klar außerhalb von Tirol lag.
Ebenfalls nicht durchgedrungen ist der Beschwerdeführer zudem mit der Behauptung, es werde nie in der betreffenden Wohnung genächtigt: Im Gegensatz zB zum Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003, wo gemäß § 3 Abs 1 lit b hinsichtlich der Freizeitwohnsitzpauschale nur Nächtigungen im Freizeitwohnsitz im Rahmen des Tourismus eine Abgabenschuld nach diesem Gesetz begründen, ist nach der Legaldefinition des § 13 Abs 1 erster Satz TROG 2022 eine Nächtigung im gegenständlichen Objekt nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines Freizeitwohnsitzes.
Beispiel 3: LVwG-2024/36/0576-10 – Nutzung einer Wohnung als angebliche Zweigstelle
In diesem Fall argumentierte ein Heizungstechniker, dass er die betroffene Wohnung nicht als Freizeitwohnsitz, sondern als Zweigstelle seiner Firma nutze. Er meldete im Jahr 2021 ein Gewerbe in der Wohnung an, nachdem eine Benützungsuntersagung ausgesprochen worden war. Bei einer Kontrolle durch die Behörden gab er an, dass er an Wochenenden für seine Firma Notdienst habe, allerdings sei während der Kontrolle kein Notfall eingetreten.
Das Gericht stellte fest, dass die berufliche Nutzung der Wohnung fragwürdig war. Die Gewerbeanmeldung erfolgte erst nach einer behördlichen Untersagung, und die Tätigkeit als Heizungstechniker erforderte kein dauerhaftes Vor-Ort-Sein in der Tiroler Wohnung. Zudem war das von ihm genutzte Fahrzeug für die technischen Arbeiten ungeeignet. Auch ein Zeuge bestätigte, dass der Beschwerdeführer die Wohnung überwiegend an Wochenenden nutzte, was auf eine Freizeitnutzung hinwies.
Das Gericht entschied, dass die Wohnung primär zu Erholungszwecken genutzt wurde und daher als Freizeitwohnsitz im Sinne des § 13 Abs. 1 TROG 2022 einzustufen war. Auch hier lag kein ganzjähriges Wohnbedürfnis oder der Lebensmittelpunkt in Tirol vor.
Conclusio zur Nutzungsuntersagung rechtswidriger Freizeitwohnsitze
Die oben genannten Fälle verdeutlichen, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol bei der Prüfung von Freizeitwohnsitzen strenge Maßstäbe anlegt. Die Behörden konzentrieren sich dabei auf den tatsächlichen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen und das Vorliegen eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses. Auch gelegentliche berufliche Tätigkeiten oder die Anmeldung eines Gewerbes reichen nicht aus, um die Nutzung als Freizeitwohnsitz zu widerlegen, wenn die Faktenlage darauf hindeutet, dass die Immobilie überwiegend zu Erholungszwecken genutzt wird.
Insgesamt zeigen die Urteile, dass es für die Gerichte entscheidend ist, ob der Wohnraum tatsächlich als dauerhafter Lebensmittelpunkt genutzt wird. Wer plant, eine Immobilie in Tirol zu erwerben oder zu nutzen, sollte sich der strengen Regelungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes bewusst sein und frühzeitig juristischen Rat einholen, um Nutzungsuntersagungen zu vermeiden.
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